Gleiche Qualitätsstandards für alle
Darmkrebs-Therapien werden immer zielgerichteter
Fast 61.000 Männer und Frauen erkranken in Deutschland jedes Jahr neu an Darmkrebs. Je früher der Krebs erkannt wird, umso besser sind die Heilungschancen. Unser Experte erklärt, welche Therapien es gibt und warum eine Behandlung in einem zertifizierten Darmkrebszentrum so wichtig ist.
Darmkrebs – eine Krankheit, die oft über längere Zeit im Verborgenen gedeiht, aber ihre Auswirkungen können verheerend sein. Laut aktuellen Statistiken des Robert Koch-Instituts erkranken jährlich mehr als 61.000 Menschen in Deutschland an Darmkrebs, womit dieser Tumor sowohl bei Männern als auch bei Frauen zu den häufigsten Krebserkrankungen zählt. Doch hinter diesen nüchternen Zahlen verbergen sich nicht nur Schicksale, sondern auch eine dringende Notwendigkeit, wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Daher steht der März auch ganz im Zeichen des Darmkrebses bzw. der Darmgesundheit.
Warum eine Behandlung im Darmkrebszentrum wichtig ist
„Die Diagnose Darmkrebs ist ein massiver Einschnitt, der das bisherige Leben der Betroffenen auf den Kopf stellt“, sagt Dr. Marcus Hitzschke, Oberarzt in der Klinik für Innere Medizin an der Sana Klinik in Borna. „Alles scheint in Frage gestellt, wenn man sich plötzlich mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung auseinandersetzen muss“, so der Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie weiter.
Gerade in diesen Situationen sei es dann besonders wichtig, sich zur Behandlung in kompetente und erfahrene Hände zu begeben, sagt der Mediziner. „Dazu ist ein zertifiziertes Darmkrebszentrum wie in Borna der richtige Ort“, betont er. „Denn die Erkrankung – insbesondere wenn sie vielleicht schon fortgeschritten ist – fordert eine ganzheitliche Herangehensweise, die von der Diagnostik über die Therapie bis zur Nachsorge alle Aspekte einschließt und so die wirkungsvollste Behandlung ermöglicht.“
Von der Radiologie, Chirurgie, Onkologie, Strahlentherapie bis hin zur Pflege – in einem Darmkrebszentrum arbeiten erfahrene Teams von Fachärzten, Pflegekräften und Therapeuten Hand in Hand. Sie alle sind auf die Behandlung von Darmkrebs spezialisiert und verfügen über das notwendige Know-how, um die individuellste Therapie zu gewährleisten. In Borna ist das bereits seit 2007 der Fall – denn da wurde das Darmkrebszentrum als erstes Zentrum dieser Art in Sachsen zertifiziert. Seitdem behandelt das Zentrum circa 120 Darmkrebs-Patientinnen und Patienten im Jahr.
Zentrales Steuerelement des Darmzentrums ist das Tumorboard. „Das ist eine regelmäßig stattfindende Fallbesprechung, in der jede Patientin bzw. jeder Patient analysiert wird. Wie sieht die Diagnostik aus? Wie ist der Krebs beschaffen? Wie weit hat er sich ausgebreitet? Welche weiteren Schritte leiten sich für die Behandlung ab? – All das wird im Tumorboard besprochen und durch die Ärztinnen und Ärzte der verschiedenen Fachrichtungen beurteilt und die nötigen Schritte eingeleitet“, erklärt Dr. Hitzschke die Arbeitsweise des Tumorboards. Auch anschließende Reha-Maßnahmen oder Hilfsangebote für die Betroffenen werden in dem Tumorboard thematisiert.
Unser Experte
Dr. Marcus Hitzschke
Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie
Telefon 03433 21-1701
marcus.hitzschke@sana.de
Therapien: individuell auf Patienten zugeschnitten und besser verträglich
Ist ein Tumor mit Hilfe verschiedener Verfahren wie zum Beispiel einer Spiegelung des Darms eindeutig diagnostiziert, steht an erster Stelle der Behandlung in der Regel eine Operation an. Der Tumor wird dabei weiträumig herausgeschnitten und gegebenenfalls auch betroffene Lymphknoten mit entfernt. Da wo es möglich ist, wird mit Hilfe der Schlüssellochtechnologie operiert. Das heißt, dass nur kleine, wenige Zentimeter große Schnitte im Bauch nötig sind, über die der Operateur die Instrumente und eine Kamera einführt. Zum Teil werden diese Operationen in der Sana Klinik in Borna bereits mit dem Operationsroboter Da Vinci durchgeführt. Der große Vorteil dieser OP-Techniken für die Patientinnen und Patienten ist, dass sie nur kleine Narben haben und nach dem Eingriff schneller wieder fit werden.
„Das bei der OP entnommene Tumormaterial wird anschließend genau in der Pathologie analysiert“, erklärt Dr. Hitzschke. „Krebszellen sind ja entartete Zellen und weisen bestimmte Merkmale auf. Je differenzierter wir die Genetik und die Veränderungen der Tumorzellen bestimmen, umso besser können die Art des Tumors erkennen und daraus ableiten, wie aggressiv der Krebs ist.“
Aktuell nimmt das Darmzentrum in Borna an einer groß angelegten deutschlandweiten Studie teil, die das Blut von Darmkrebspatienten auf die Nachweisbarkeit von Tumor-DNA hin untersucht. „Wenn wir bei Patienten keine Tumor-DNA im Blut nachweisen können, ist in der Regel auch keine Chemotherapie notwendig“, so der Facharzt für Onkologie weiter. „Wir können die Chemotherapie mit diesen Erkenntnissen also viel gezielter einsetzen.“
Ob jedoch eine Chemotherapie durchgeführt werden muss, hängt allerdings nicht allein davon ab. Wichtige Kriterien sind auch wie sehr sich der Tumor ausgebreitet und der Krebs bereits Fernabsiedelungen – also Metastasen – gebildet hat, wie der Allgemeinzustand des Patienten ist, welche Vorerkrankungen dieser hatte und wie alt er ist.
Viele Patientinnen und Patienten haben Angst vor einer Chemotherapie. Mit unterstützenden Medikamenten können wir heute jedoch unangenehme Nebenwirkungen wie Durchfall oder Übelkeit sehr gut in den Griff bekommen.
Dr. Marcus Hitzschke, Internist, Hämatologe und Onkologe
Als weitere Option ist in einigen Fällen zusätzlich eine Bestrahlung notwendig, um den Tumor zu verkleinern. Hier ist entscheidend welches Areal des Darms befallen ist. Oftmals werden die verschiedenen Therapiemaßnahmen auch kombiniert, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.
Was ist eine Antikörpertherapie?
Trotz großer Fortschritte in der Krebsmedizin bleibt die Chemotherapie bei vielen Krebsarten – so auch beim Darmkrebs – weiterhin Standard. Denn Zytostatika – so heißen die Wirkstoffe einer Chemotherapie – können die Krebszellen meist sehr effektiv zerstören und das Tumorwachstum hemmen. Allerdings wirken die Stoffe im ganzen Körper und zerstören auch gesunde Zellen, was Nebenwirkungen wie Haarausfall verursacht. Moderne Krebsmedikamente verfolgen einen anderen Ansatz, indem sie die Tumorzellen zielgerichtet angreifen. Das funktioniert zum Beispiel mit Antikörpern, die auch künstlich im Labor hergestellt werden. Die Antikörper erkennen bestimmte Strukturen der Krebszellen und binden sich an diese. Das wiederum macht das Immunsystem aufmerksam. Es wird aktiv, greift die Krebszellen an und zerstört diese. Oft wird eine Antikörper-Therapie mit einer Chemotherapie kombiniert, um einen besseren Effekt zu erreichen. Bei Darmkrebs wird eine Antikörpertherapie vor allem im fortgeschrittenen Stadium angewendet.
Je früher erkannt, umso besser sind die Heilungschancen
Darmkrebs ist in der Regel gut behandel- und in vielen Fällen auch heilbar. „Allerding nur unter der Voraussetzung, dass er früh erkannt wird“, betont Marcus Hitzschke. In den frühen Krebsstadien 1 und 2 gibt es eine Heilungschance von fast 90 Prozent. In den höheren Stadien 3 oder 4 – wenn der Krebs oft bereits Metastasen gebildet hat – reduzieren sich die Heilungschancen zwar stark, dennoch ist eine Heilung auch dann noch möglich.
Daher spielt die Nachsorge eine entscheidende Rolle, um mögliche Rückfälle frühzeitig zu erkennen. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen, individuell angepasste Nachsorgepläne und die Unterstützung durch erfahrene Fachleute sind daher integraler Bestandteil des zertifizierten Darmkrebszentrums in Borna.
Kurz erklärt: Was bedeutet in der Krebsmedizin ‚geheilt‘?
In der Krebsmedizin gelten Patientinnen und Patienten in der Regel als geheilt, wenn sie fünf Jahre nach der Diagnose keinen Krebs mehr haben.
Aktuell beobachten die Mediziner allerdings mit Sorge, dass Patientinnen und Patienten öfter erst dann zu ihnen kommen, wenn der Krebs bereits fortgeschritten ist. „Das ist tatsächlich ein Erbe der Corona-Pandemie“, erklärt der Mediziner. „Die Menschen sind in den vergangenen Jahren weniger zu Vorsorgeuntersuchungen gegangen, mit dem Resultat, dass viele Krebsvorstufen oder der Krebs im Frühstadium nicht erkannt wurden. Daher kann ich nur appellieren: Gehen Sie zur Vorsorge! Männer haben ab dem 50., Frauen ab dem 55. Lebensjahr Anspruch auf eine Darmspiegelung.“
Die Spur der Gene
Damit Darmkrebs gar nicht erst entsteht, können eine gesunde Lebensweise mit einer ausgewogenen Ernährung, Tabakverzicht, möglichst wenig rotem Fleisch und Geräuchertem das Risiko zu erkranken reduzieren. Dr. Hitzschke nennt aber noch einen anderen Aspekt: „Schauen Sie auf Ihre Familie. Gab oder gibt es hier bereits Darmkrebserkrankungen? Wenn das der Fall ist, lohnt sich unter Umständen eine Beratung in einer genetischen Sprechstunde, um rechtzeitig vorsorgen zu können.“
Podcast-Folge: Darmkrebs ist kein Todesurteil
Warum Darmkrebsvorsorge so wichtig ist
Vorsorge rettet Leben. Was oft so leicht daher gesagt wird, ist beim Darmkrebs essentiell. Denn wenn er früh erkannt wird, dann sind die Chancen auf eine Heilung gut. Welche Früherkennungs-Programme es gibt, warum es nicht gleich immer eine Darmspiegelung braucht und wie Darmkrebs entsteht, das erklären wir im Podcast.
Stand: 08.02.2024