Was ist „gutes“, was ist „schlechtes“ Cholesterin? Sind Eier Cholesterinbomben oder Proteinquellen?

Cholesterin hat keinen guten Ruf. Es gilt als wichtiger Risikofaktor für Herzinfarkt, Schlaganfall und Gefäßerkrankungen. Dabei ist Cholesterin für uns lebensnotwendig. Der Körper benötigt es beispielsweise, um Zellen aufzubauen und Hormone zu bilden. Cholesterin hat also durchaus eine Daseinsberechtigung. Gesundheitsschädigend ist es nur dann, wenn das empfindliche Gleichgewicht zwischen der Bildung und dem Abbau von Cholesterin gestört ist. Normalerweise reguliert der menschliche Körper die Cholesterinreserven sehr genau und kann den Eigenbedarf auch ohne äußere Zufuhr über die Nahrung decken.

Erhöhte Cholesterinwerte im Blut, auch Hypercholesterinämie genannt, werden von Betroffenen oft nicht bemerkt. Hypercholesterinämie ist eine Störung des Fettstoffwechsels. Die Silbe hyper- steht für übermäßig und -ämie für Blut. Wenn der Cholesterinwert im Blut jedoch über längere Zeit erhöht ist, kommt es zunehmend zu Cholesterinablagerungen in den Wänden der Blutgefäße. Dadurch nimmt die Elastizität der Blutgefäße ab und es können Gefäßverengungen entstehen. Man spricht auch von Arterienverkalkung oder Arteriosklerose. Herz-Kreislauf-Erkrankungen können dann die Folge sein. 

Michael Hellmich, Oberarzt an der Klinik für Innere Medizin, spricht darüber, was es mit den Fettwerten auf sich hat und ab wann tatsächlich Gesundheitsgefährdungen drohen.

Portrait Michael Hellmich Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie, Diabetologie an den Sana Kliniken Leipziger Land

Unser Experte zum Thema Cholesterin

Michael Hellmich
Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie
Telefon 03433 21-1701
michael.hellmich@sana.de

Herr Hellmich, gehört für Sie ein Ei zu einem gesunden Frühstück?

Vielleicht nicht jeden Tag, aber gegen ein Ei zum Sonntagsfrühstück spricht absolut nichts. Ihre Frage zielt ja auf das Thema hin, wie schädlich Eier im Hinblick auf die Cholesterinwerte sind. Eigelb ist tatsächlich reich an Cholesterin. Entscheidender als ein einzelnes Lebensmittel ist aber eine Gesamtschau auf die Ernährungsgewohnheiten. Zu einer langfristigen Erhöhung des Cholesterinspiegels tragen vor allem gesättigte Fettsäuren bei, wie sie in tierischen Produkten vorkommen, und Transfette. Zur Erklärung: Transfette gehören zwar zu den ungesättigten Fettsäuren, sie werden aber meist industriell erzeugt bei der Härtung von Fetten oder entstehen beim Erhitzen, z. B. in der Fritteuse. Man weiß aber heute, dass der LDL-Cholesterinspiegel im Blut im Wesentlichen von der Leberfunktion abhängig ist und nicht primär von der Nahrungsaufnahme. 

Der weitaus größte Teil des Cholesterins wird im Körper selbst gebildet. Trotzdem dienen eine Gewichtsnormalisierung, körperliche Aktivität, Nikotinverzicht und eine gesunde Ernährung mit Vermeidung von Transfetten, Reduktion der gesättigten Fettsäuren und Erhöhung des Ballaststoff-Anteils in der Nahrung natürlich der Senkung des LDL-Cholesterinwertes und damit der Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen. Diese Maßnahmen (Lebensstil-Modifikationen) stehen an erster Stelle, wenn es darum geht, das LDL-Cholesterin zu senken. Bei höheren LDL-Cholesterinwerten genügt es aber meist nicht, die Ernährung umzustellen, um die entsprechenden Zielwerte zu erreichen.

Mythos Eier: Nahrungscholesterin ist nicht schuld an zu hohen Blutfettwerten

Der Mythos, dass Eier reine Cholesterinbomben seien und damit die Ursache für hohe Blutfettwerte sind, hält sich hartnäckig. Doch dieser ist widerlegt: Die meisten Menschen haben einen genetisch bedingten erhöhten Cholesterinspiegel, unabhängig vom Verzehr von Eiern. Zudem produziert der Körper zwei Drittel des Cholesterins selbst. Daher sollte man sich nicht vor dem Verzehr des geliebten Frühstückei fürchten. Es ist zwar richtig, dass Eier, bezogen auf ihre Größe, viel Cholesterin enthalten, doch ebenso weiß man heute, dass das Nahrungscholesterin den Cholesterinspiegel im Blut kaum beeinflusst.

Das ist für den Cholesterinspiegel von gesunden Menschen relativ egal. Eier sind eine kostengünstige Quelle für eine Vielzahl lebenswichtiger Nährstoffe und gleichzeitig hochwertige Eiweißlieferanten. Darüber hinaus zeichnen sich Eier durch eine sehr gute Sättigungswirkung aus. Anders ist es bei Menschen, die Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus oder eine Störung des Fettstoffwechsels haben. Sie können die Cholesterinaufnahme oft nicht ausgleichen und sollten daher nicht mehr als ein Ei pro Woche zu sich nehmen.

Es gibt kaum ein „vollkommeneres“ Lebensmittel als ein Ei, letztendlich entsteht aus dem Ei ein vollständiges Lebewesen (Küken). Deshalb bleibt es bis heute schleierhaft, warum die Fachgesellschaften den Eierkonsum immer noch auf drei Eier pro Woche beschränken. Achten Sie bei Ihrer wöchentlichen Menge aber auch darauf, dass sich Eier ebenfalls in verarbeiteten Lebensmitteln wie Kuchen verstecken.

Wenn es um Gesundheitsgefahren durch Cholesterin geht, wird der LDL- vom HDL-Wert unterschieden. Was hat es damit auf sich?

Das hat mit dem Transport des Cholesterins im Körper zu tun. Cholesterin ist ein fettähnlicher Stoff. Es kann in wässrigen Flüssigkeiten wie Blut nicht gelöst werden. Um über das Blut zu den Körperzellen oder zurück zur Leber zu gelangen, benötigt Cholesterin ein Transportmittel. Solche Transportmittel sind Eiweißpartikel, die als Lipoproteine bezeichnet werden. Es gibt verschiedene Lipoproteine, die nach ihrer Dichte unterteilt werden. 

Bei den im Blut gemessenen Cholesterinwerten spielen die Low-Density-Lipoproteine (LDL) und die High-Density-Lipoproteine (HDL) eine Rolle. Grob gesagt, die LDL transportieren das Cholesterin von der Leber aus dorthin, wo es gebraucht wird, zu den Körperzellen. Die HDL transportieren überschüssiges Cholesterin zurück zur Leber. Ist jedoch mehr LDL-Cholesterin im Blut, als von den Körperzellen aufgenommen werden kann, lagert sich dieses in den Blutgefäßen ab und führt zu Gefäßverkalkungen (Atherosklerose oder auch Arteriosklerose genannt). 

Brechen solche Verkalkungen auf, können Blutgerinnsel entstehen, die zu einem akuten Gefäßverschluss führen können. Geschieht das im Gehirn, spricht man von einem Schlaganfall, am Herzen von einem Herzinfarkt. Aber auch akute Gefäßverschlüsse an den Beinen bei Durchblutungsstörungen sind möglich. Aus diesem Grund kommt dem LDL-Cholesterin in Bezug auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen bzw. das kardiovaskuläre Risiko die zentrale Bedeutung zu.


Ernährungstipps bei hohem Cholesterin: Gesunde Ernährung zur Normalisierung des Cholesterinwertes

Menschen mit hohem Cholesterinspiegel sollten sich gesund ernähren, um den Wert zu normalisieren. Allerdings ist eine reine cholesterinarme Diät wenig effektiv – viel mehr ist eine Umstellung auf eine ausgewogene Ernährung notwendig. Frisches Gemüse, Obst und ballaststoffreiche Nahrungsmittel sollten den Speiseplan dominieren. Nur bei Übergewicht ist zusätzlich eine Gewichtsreduktion erforderlich, um einer zunehmenden Arterienverkalkung und erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegenzuwirken.

  • Nahrungsmittel mit hohem Zuckergehalt meiden
  • auf Wurstaufschnitt, Fast Food und Fertigprodukte verzichten
  • Milchprodukte mit hohem Fettgehalt (Käse, Butter, Milch, Sahne) vermeiden
  • fettes Fleisch von Lamm, Rind und Schwein sind tabu
  • täglich eine Handvoll Walnüsse verzehren
  • Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten bevorzugen
  • Rohe Zwiebeln, Ingwer Lauch und Knoblauch in den Speiseplan einbauen
  • Fisch wie Hering, Makrele oder Lachs sind sehr gesund
  • Mediterrane, gemüsereiche Küche bevorzugen

Wie viel LDL-Cholesterin können wir uns denn leisten?

Grundsätzlich kann man sagen: Je niedriger der LDL-Cholesterinwert ist, desto niedriger ist das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Und umgekehrt: Je höher das individuelle kardiovaskuläre Gesamtrisiko der Person ist, desto niedriger ist der Zielwert für das LDL-Cholesterin und umso intensiver sollten die Therapiemaßnahmen sein.

Wie gerade erwähnt, ist die Abschätzung des kardiovaskulären Gesamtrisikos mit Einteilung in Risikokategorien bedeutsam. Hier fließen unterschiedliche Faktoren, wie Alter, Geschlecht, Blutdruck, Tabakkonsum, Cholesterinwerte, aber auch bestimmte Begleiterkrankungen, z. B. Diabetes mellitus, Herzkranzgefäßverkalkung oder chronische Nierenschwäche, ein. Welche Maßnahmen eingeleitet werden müssen, hängt dann davon ab, wie stark der LDL-Cholesterinwert gesenkt werden soll. Dabei spielt, wie bereits oben erwähnt, die Umstellung des Lebensstils eine wichtige Rolle, die allerdings in den meisten Fällen medikamentös begleitet werden muss.

Kann man einen erhöhten Cholesterinwert spüren?

Nein. Leider bemerkt man erst die Folgen eines erhöhten Cholesterinspiegels, wie z. B. ein Engegefühl oder Schmerz im Brustkorb, wenn die Herzkranzgefäße verengt sind, akute Lähmungen beim Schlaganfall oder Schmerzen beim Laufen, wenn Beingefäße betroffen sind. Umso wichtiger ist es vorzubeugen und das geht am besten mit einem aktiven Lebensstil und einer gesunden und ausgewogenen Ernährung.

Stand: 13.06.2022

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