Vorhhofflimmern und Schlaganfall
Der Tag, der alles veränderte
Die unsichtbaren Folgen eines Schlaganfalls erleben viele Betroffene. Für Außenstehende sind sie oft schwer nachvollziehbar – und doch verändern sie das Leben. So wie bei Jürgen Taubert. Der Rentner kämpft seit seinem Schlaganfall vor sieben Jahren mit Vorhofflimmern und Herzschwäche. Dagegen hilft auch: Herzsport im Sana Klinikum Borna.
Jürgen Taubert (70) erinnert sich noch genau an den Tag, der sein Leben veränderte. Als Kraftfahrer transportierte er Waren für Kliniken in Leipzig und Schkeuditz. Es war ein stressiger Job, und die Zigarette war während der Touren stets griffbereit. „Als ich nach einer Tour nach Schkeuditz zurückkam, merkte ich plötzlich, dass nichts mehr funktionierte. Mein Glück war, dass ich quasi schon im Krankenhaus war, als ich an meinem Arbeitsplatz zusammenbrach.“ Seine Kolleginnen und Kollegen reagierten sofort und leisteten Erste Hilfe. Es war der 1. April 2017 – Taubert war 63 Jahre alt.
Ursache oder Folge: Vorhofflimmern und Herzschwäche
Nach der ersten Behandlung überstand Taubert den Schlaganfall körperlich gut. Doch die Ärzte gingen der Ursache auf den Grund und diagnostizierten Vorhofflimmern und eine Herzschwäche. Ob diese Erkrankungen Ursache oder Folge des Schlaganfalls waren, ließ sich nicht mehr eindeutig klären. Fest steht: „Patienten mit Vorhofflimmern haben ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Bei einer gestörten Pumpfunktion des Herzens kann sich Blut in den Vorhöfen stauen, verklumpen und Gerinnsel bilden, die ins Gehirn gelangen und dort ein Gefäß verstopfen können“, erklärt Dr. Uwe Müller, Kardiologe am Sana Klinikum Borna. Erste Anzeichen wie Schwindel und Schwäche in der Hand hätte man möglicherweise frühzeitig erkennen können.
Vorhofflimmern - Was ist das?
Bei Vorhofflimmern schlägt das Herz dauerhaft unregelmäßig und oft so schnell, dass die Menge an Blut, die in den Körper gepumpt wird, verringert ist. Es handelt sich dabei um eine der häufigsten Herzrhythmusstörungen. Zwar ist Vorhofflimmern in der Regel nicht akut lebensgefährlich, doch langfristig steigt das Risiko für Schlaganfälle. Mit verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten können die meisten Betroffenen jedoch ein weitgehend normales Leben führen.
Vergebliche Behandlungen: Kardioversion ohne Erfolg
Die behandelnden Ärzte entschieden sich, das Vorhofflimmern durch eine sogenannte Kardioversion zu behandeln – ein Verfahren, das den Herzrhythmus normalisieren soll. Taubert unterzog sich dreimal diesem nicht-invasiven Eingriff in einer Leipziger Klinik, jedoch ohne Erfolg. „Die Ärzte sagten mir, dass sie nichts mehr für mich tun könnten und ich damit leben müsse“, berichtet Taubert.
Unsichtbare Spuren und eine niederschmetternde Diagnose
Obwohl Taubert sich nach einer zielgerichteten Rehabilitation äußerlich gut erholte, hinterließ der Schlaganfall unsichtbare Spuren. Atemnot, Depressionen und ein Rückzug aus dem Alltag prägten seinen Zustand. „Vor dem Schlaganfall konnte ich mit meinem LKW selbst kleinste Parklücken meistern. Danach traute ich mir nicht einmal mehr zu, einen PKW einzuparken.“ Selbst kurze Wege wurden zu einer Herausforderung. Seine Familie unterstützte ihn liebevoll: „Sie sagten immer, ich solle bestimmen, wie weit ich gehen könne. Dieses Verständnis hat mir sehr geholfen.“ Um ihn zu ausreichend Bewegung zu motivieren, schenkten sie ihm einen Hund. Doch trotz des treuen Begleiters besserte sich sein Zustand zunächst nicht spürbar.
Hoffnung durch Herzsport
Die Wende brachte schließlich ein Hinweis seines Hausarztes, der ihm die Herzsportgruppe im Sana Klinikum Borna empfahl. „Regelmäßiges Ausdauertraining kann die Beschwerden bei chronischer Herzschwäche lindern“, so sein Arzt. Wichtig sei jedoch, das Training unter ärztlicher Aufsicht zu beginnen. Herzsport verfolgt zwei Hauptziele: Zum einen verbessert Bewegung die Herz-Kreislauf-Gesundheit, den Stoffwechsel und die psychische Verfassung. „Zum anderen lernen Betroffene, ihre persönlichen Belastungsgrenzen zu erkennen und besser mit Alltagssituationen umzugehen“, erklärt Dr. Müller.
Taubert nahm den Rat an und begann das Training. In einer kleinen Gruppe absolvierte er Gymnastik, Ausdauerübungen und Kräftigungstraining. Auch Entspannungstechniken zur Stressbewältigung wurden geübt. Ziel des Programms war es, das Selbstvertrauen der Teilnehmer zu stärken, sodass sie das Gelernte eigenständig in ihren Alltag integrieren können.
Warum Herzsport?
Faktoren wie Rauchen, Stress und Übergewicht stellen eine erhebliche Belastung für unser Herz dar. Regelmäßiger Rehabilitationssport in einer Herzsportgruppe kann helfen, einem Herzinfarkt vorzubeugen – oder nach einem Ereignis wie einem Herzinfarkt oder Schlaganfall wieder fit zu werden. Neben Ausdauertraining spielt auch Entspannung eine wichtige Rolle im Herzsport, da sie dazu beiträgt, Ängste, Stress und Ärger abzubauen. Das Programm in Herzsportgruppen umfasst abwechslungsreiche Einheiten aus Aufwärmübungen, Gymnastik und Entspannung, die unter der Anleitung von Physiotherapeuten und der Überwachung eines Arztes durchgeführt werden. Voraussetzung für die Teilnahme ist eine umfassende Untersuchung durch Ihren behandelnden Arzt, der gemeinsam mit Ihnen Ihre individuelle Trainingsleistung festlegt.
Der Durchbruch: Spürbare Fortschritte
Das Training zeigte schnell Wirkung. „Es hat meine Leistungsfähigkeit enorm gesteigert“, sagt Taubert. „Ich habe gelernt, besser auf mich zu achten und auch mal ‚Nein‘ zu sagen, wenn mir etwas zu viel wird.“ Selbst nach den 90 von der Krankenkasse bezahlten Einheiten blieb er dabei. Am letzten Tag meldete er sich direkt für das medizinische Trainingstherapie-Programm des Klinikums an. Seitdem trainiert der 70-Jährige dort zweimal pro Woche zusammen mit seiner Frau. Sein Programm kombiniert gerätegestütztes Training mit Übungen für Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination. „Ich spüre sofort, wenn ich mal ein paar Tage aussetze, etwa im Urlaub“, berichtet er. Der Sport gibt ihm Kraft, und sein Lachen ist längst zurückgekehrt.
Die Folgen des Schlaganfalls werden ihn immer begleiten, aber dank des Herzsports hat Taubert gelernt, mit ihnen zu leben – und sein Leben wieder zu genießen.
Unser Herzexperte
Dr. Uwe Müller
Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie (subspezialisiert als Somnologe)
Telefon 03433 21-1701
uwe.mueller2@sana.de
Stand: 05.12.2024